Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum)

Andere Bezeichnungen:

Riesenbärenklau

Einordnung:

Apiaceae, Apioideae (Doldenblütengewächse, Doldenblüten-Geschwister) - Leformix: plt.trh.spt.mal.ros.asr.api.api.api.hrm.mnm

Vorkommen:

Ursprüngliche Heimat ist der Kaukasus. In Mitteleuropa als Zierpflanze eingeführt, besiedelt die Herkulesstaude insbesondere Bach- und Flußauen sowie Straßenränder. Sie bildet oft individuenreiche Bestände.

Beschreibung:

Bis 500 cm hohes Kraut. Der Stiel kann am Grunde bis zu 10 cm dick sein. Die bis zu 3 m langen Blätter sind tief gezähnt und die weiße Blütendolde kann einen Durchmesser von bis zu 50 cm haben. Die Blütezeit liegt zwischen Juli und September.

Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum)
Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum)

Wissenswertes:

Die Herkulesstaude ist bei uns ein sogenannter Neophyt, das heißt sie wurde erst in neuerer Zeit in Mitteleuropa eingeführt. Daß sich die Herkulesstaude so erfolgreich bei uns durchgesetzt hat, bewegt viele Kommunalpolitiker, die sich sonst mehr der Betonindustrie verpflichtet fühlen, dazu, sich Sorgen um die heimische Flora und Fauna zu machen. Entsprechend wird mit Bataillonen von Grasrupf-Zlatkos der Herkulesstaude zu Leibe gerückt. Tatsache ist, daß sich die Herkulesstaude überwiegend auf Flächen breit macht, die zuvor der Brennessel (Urtica dioica) vorbehalten waren, ohne dabei allerdings die Brennessel vollständig zu verdrängen. Entsprechend wird die Raupe vom Kleinen Fuchs auch künftig ihre Wirtspflanze finden. Merkwürdigerweise zeigt man gegenüber anderen Neophyten, etwa dem Drüsigen Springkraut (Impatiens glandulifera) oder dem Japanischen Staudenknöterich (Reynoutria japonica), weniger Aktionismus, obwohl diese Pflanzen wesentlich verbreiteter sind. Oft sieht man an Flußufern geköpfte Herkulesstauden inmitten mit großer Sorgfalt behandelter Springkrautrabatten. Es besteht der Verdacht, daß die Herkulesstaude, aufgrund ihres Gehaltes an phototoxischen Substanzen, eher als Störenfried im »Abenteuerspielplatz Natur« angesehen wird. Dies bestätigt auch eine Stellungnahme des Bundesamtes für Naturschutz: Dort wird der ökologische Schaden durch die Herkulesstaude als eher gering klassifiziert, ihre Bekämpfung aber mit einer möglichen Gesundheitsgefährdung begründet. Die kostenlose Schulausbildung, die uns allen zuteil wurde, läßt sich indes nur rechtfertigen, wenn den so Geförderten ein Mindestmaß an geistigen Fähigkeiten abgefordert werden kann, die eben solche Bekämpfungsmaßnahmen entbehrlich machen.

Zur Giftigkeit:

Der Pflanzensaft der Herkulesstaude kann, ebenso wie der Saft anderer Doldenblütengewächse, unter der Einwirkung von Licht Hautschädigungen verursachen (sogenannte Phytophotodermatitis). Verantwortlich für diese Hautirritationen sind Furocumarine, die in allen Teilen der Pflanze vorhanden sind. Der höchste Gehalt an Furocumarinen befindet sich bei der Herkulesstaude in den Früchten mit bis zu 3,5%. Blätter und Blüten enthalten etwa 0,3% davon. Die beiden wichtigsten Furocumarine der Herkulesstaude sind Isopimpinellin und Pimpinellin. Des weiteren sind aber auch noch Bergapten, Xanthotoxin, Imperatorin, Angelicin, Isobergapten, Phellopterin und Sphondin vorhanden. Eine Übersicht der verbreitesten Furocumarine kann in dem Werk von Teuscher und Lindequist eingesehen werden.

Isopimpinellin Isopimpinellin:
Summenformel: C13H10O5
Molmasse: 246,2 g/mol
Pimpinellin

Pimpinellin:
Summenformel:
C13H10O5
Molmasse: 246,2 g/mol

Exkurs: Neophyten

Als Neophyten werden Pflanzen bezeichnet, die erst seit der letzten Völkerwanderung (3.-5. Jahrhundert n.Chr.) oder später in unseren Breiten ansässig sind (Definition nach Brockhaus-Enzyklopädie). Ensprechend zählen die von den Römern eingeführten Kulturpflanzen (Wein, Eßkastanie) nicht mehr zu den Neophyten, wohl aber die Nutzpflanzen aus der Neuen Welt (Kartoffel, Tomate, Tabak, Paprika, Mais, Bohne etc. etc.). Ebenso zu den Neophyten zählt z.B. die Roßkastanie (Aesculus hippocastanum), die aus unseren Parks kaum mehr wegzudenken ist. Den Neophyten wird, ebenso wie den Neozoen (eingebürgerte Tiere), teilweise kritisch begegnet, da sie einen schädlichen Einfluß auf die heimische Flora und Fauna haben sollen. Als Beispiel wird hier oft Neuseeland herangezogen, wo Katzen und Ratten viele endemische Tierarten bedrohen. Tatsache ist jedoch, daß sich auf den relativ kleinen (im Vergleich zu den Kontinenten) und isolierten Neuseeländischen Inseln eine spezielle Fauna (und übrigens auch Flora) herausbilden konnte, die über Jahrmillionen von fremden Einflüssen verschont blieb. Unsere einheimische Natur wurde schon seit jeher von neuen Arten besiedelt, denken wir nur an die Kornrade (Agrostemma githago) oder an den Feldhasen. Die willkürliche Festlegung der Völkerwanderung zur Definition von Neophyten (in anderen Quellen, etwa den unten aufgeführten Büchern, wird der Beginn der Neuzeit zur Definition herangezogen) verdeutlicht diesen Sachverhalt. Inwieweit wir uns von den Neubürgern bedroht fühlen, hängt im wesentlichen von der Spezies ab: So begegnet man der Nachtkerze (Oenothera biennis) und dem bizarren Tintenfischpilz (Clathrus archeri) weniger kritisch als der Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum) und den putzigen Halsbandsittichen (Psittacula krameri) weniger kritisch als etwa dem Waschbär oder der Bisamratte. Die Späte Traubenkirsche (Prunus serotina) stammt aus Nordamerika und wurde in Europa anfangs als Forstbaum gepflanzt, allerdings ohne Erfolg. Folglich gilt sie als problematischer Neophyt. Ebenfalls aus Nordamerika stammt die Douglasie (Pseudotsuga menziesii), die sich jedoch als hochwirtschaftlicher Forstbaum erwies und nun sogar als Heilsbringer gegen Stürme angepriesen wird. Mit Naturschutz haben diese Einschätzung freilich nichts zu tun, eher wird der Naturschutz vorgeschoben, um eine wirtschaftliche Umgestaltung der Natur mit Steuergeldern zu ermöglichen.

Halsbandsittich (Psittacula krameri)
Halsbandsittich
(Psittacula krameri)
Tintenfischpilz (Clathrus archeri)
Tintenfischpilz
(Clathrus archeri)

Im folgenden möchte ich Ihnen die verbreitesten Neophyten kurz vorstellen:
Drüsiges Springkraut
Drüsiges Springkraut
(Impatiens glandulifera)
Balsaminaceae
(Springkrautgewächse)
Kleinblütiges Springkraut
Kleinblütiges Springkraut
(Impatiens parviflora)
Balsaminaceae
(Springkrautgewächse)
Späte Goldrute
Späte Goldrute
(Solidago gigantea)
Compositae
(Korbblütler)
Gemeine Nachtkerze
Gemeine Nachtkerze
(Oenothera biennis)
Onagraceae
(Nachtkerzengewächse)
Japanischer Staudenknöterich
Japanischer Staudenknöterich
(Reynoutria japonica)
Polygonaceae
Knöterichgewächse
Sachalinknöterich
Sachalinknöterich
(Reynoutria sachalinensis)
Polygonaceae
Knöterichgewächse
Bereits seit dem frühen 19. Jahrhundert breitete sich das Kleinblütige Springkraut (Impatiens parviflora) bei uns aus und ist mittlerweile in fast allen Wäldern zu entdecken. In den 1930iger Jahren wurde es als nichtarische Mongolenpest (in Wirklichkeit stammt die Pflanze aus der Pamir-Region) beschimpft und als Bedrohung des heimischen Großblütigen Springkrautes (Impatiens noli-tangere) angesehen. Der propagierte Ausrottungskrieg wurde indes auf die Zeit nach dem Endsieg vertagt (weitere Informationen bei J.-M. Groult). Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die zugrundeliegende Geisteshaltung den Gehirne der verantwortichen Landschaftsschützer immernoch innewohnt. Glücklicherweise führen Klein- und Großblütiges Springkraut mittlerweile eine friedliche Koexistenz in unseren Wäldern.
An nahezu jedem Bachlauf werden Sie das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera) und den Japanischen Staudenknöterich (Reynoutria japonica) entdecken. Dennoch ist es keineswegs so, daß diese Pflanzen einheimische Arten in ihrer Existenz bedrohen. Hier spielen andere Faktoren eine Rolle. Es ist durchaus sinnvoll Biotope, die eine besondere Flora oder Fauna aufweisen, durch entsprechende Maßnahmen zu pfegen, etwa um die Bewaldung einer Orchideenwiese zu verhindern. Dabei macht es keinen Unterschied, ob Neophyten oder einheimische Pflanzen, etwa der Adlerfarn (Pteridium aquilinum), entfernt werden müssen. Daß der Schutz der einheimischen Flora bei unseren Kommunen nur eine geringe Rolle spielt, wird schnell deutlich, wenn wir uns veranschaulichen mit welcher Gedankenlosigkeit etwa die Bewirtschaftungswege in unseren Wäldern vor dem Zuwuchern geschützt werden. Da stört es niemand, wenn auch mal eine Orchidee den Sensen zum Opfer fällt, wie die Überreste der Breitblättrigen Stendelwurz (Epipactis helleborine) im folgenden Photo dokumentieren:
Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine) nach der Maht
Breitblättrige Stendelwurz
(Epipactis helleborine)
Wenn Sie sich in das Thema »Neophyten und Neozoen« vertiefen wollen, seien Ihnen die Bücher der Akademie für Umwelt- und Naturschutz Baden-Württemberg, J.-M. Groult sowie von M. Ludwig empfohlen. Sowohl den Zierpflanzen als auch den Nahrungspflanzen ist hier ein eigenes Themenverzeichnis gewidmet. Auch das Bundesamt für Naturschutz hat Stellung zum Thema »Neophyten« bezogen.
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